HYPOSIB-Studie: stark verkürzte Nachbestrahlung bei Brustkrebs

Brustkrebs wird heute in der Regel brusterhaltend operiert. Die Nachbestrahlung zur Senkung des Rezidivrisikos (Gefahr eines erneuten Tumorwachstums) ist dann integraler Bestandteil der Therapie. Standard war über viele Jahre eine werktägliche Nachbestrahlung über etwa 7 Wochen. Hierbei erfolgte zunächst eine Bestrahlung der gesamten Brust und anschließend über 1-1½ Wochen noch eine Dosisaufsättigung im ehemaligen Tumorgebiet („Boost“). In den letzten Jahren wurde zunehmend eine Verkürzung der Behandlungszeit erforscht und auch etabliert. Als quasi gleichwertig (bezüglich Wirkung und Nebenwirkungen) wird heute auch eine sogenannte Hypofraktionierung eingesetzt, wobei die Bestrahlung der ganzen Brust verkürzt (mit höherer täglicher Dosis) erfolgt mit anschließendem Boost, -was dann eine Behandlungszeit von maximal 4½ Wochen bedeutet.

Für geeignete Patientinnen gibt es ab sofort in der Strahlentherapie Aurich die (selbstverständlich freiwillige) Möglichkeit, an einem Forschungsprojekt, der sog. HYPOSIB-Studie („Adjuvante Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation beim Mammakarzinom: Hypofraktionierung mit simultan-integriertem Boost versus Standard-Fraktionierung“) teilzunehmen. An dieser Studie nehmen deutschsprachige strahlentherapeutische Zentren (multinational) teil und es wurden schon mehr als die Hälfte der vorgesehenen Anzahl (insges. 2324 Patientinnen) mit guter Verträglichkeit behandelt. Wir sind in Aurich nach Prüfung zugelassen und ab sofort das 89. teilnehmende Zentrum (Hauptprüfarzt N. Fahami, Stellvertretung Dr. B. Sommer).

In dieser Studie werden zwei Therapiemöglichkeiten der Bestrahlung verglichen. Die teilnehmenden Frauen werden dann per Zufall (sog. Randomisation) von der Studienzentrale auf zwei sog. Studienarme verteilt. Im Kontrollarm (Arm A) erfolgt die Standard-Therapie mit Bestrahlung nach Wahl des Arztes entweder konventionell (bis zu 7 Wochen), mit parallel integriertem Boost (sog. SIB, bis zu 5½ Wochen) oder hypofraktioniert mit anschl. Boost (bis zu 4½ Wochen). Die andere Hälfte der zufällig verteilten Patientinnen werden im Arm B (experimenteller Arm) behandelt mit einer Hypofraktionierung mit parallel integriertem Boost, wodurch sich die Behandlungzeit auf 16 werktägliche Termine, also lediglich gut 3 Wochen, verkürzt.

Die Studie soll die begründete Annahme (Hypothese) belegen, daß eine stark verkürzte Behandlungszeit im Vergleich zu einer Standard-Strahlentherapie nicht schlechter ist.

Mit Teilnahme an der Studie tragen die Patientinnen dazu bei, das Wissen über die Erkrankung zu vertiefen und zukünftige Behandlung zu verbessern. Alle Patientinnen erfahren eine intensive ärztliche Kontrolle bezüglich Wohlbefinden und Nebenwirkungen der Therapie inkl. Einschätzung der Kosmetik, die auch noch nach Therapieende fortgesetzt wird. Zuletzt halbjährlich werden sog. Follow-up-Termine bis zu 72 Monate nach Bestrahlungsbeginn zusätzlich zur eigentlichen tumorspezifischen Nachsorge erfolgen.

Bei der im Rahmen dieser Studie eingesetzten zeitlich verkürzten Therapie sind die Risiken und Nebenwirkungen wahrscheinlich sehr ähnlich wie bei der Standardbehandlung, ein Schaden durch die Studienteilnahme ist sehr unwahrscheinlich. Ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen kann aber nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere könnte ein etwas erhöhtes Risiko für Verhärtungen (Fibrose) in der Brust, vor allem im Operationsgebiet bestehen. Diese Komplikation beeinflusst das kosmetische Ergebnis, ist aus medizinischer Sicht aber als relativ harmlos einzustufen. Umgekehrt wird bei der neuen Behandlung eine niedrigere Gesamt-Strahlendosis verabreicht, was für die Langzeit-Verträglichkeit insbes. an den Organen (Lunge, Herz) vorteilhaft sein könnte. Es könnte sich für spezielle Risikogruppen auch ein onkologischer Vorteil durch das neue Konzept ergeben (Prognoseverbesserung), dies ist aber bislang unklar und nicht zu beziffern.

Wir freuen uns, unseren Patientinnen die Studienteilnahme anbieten zu können. Sollte Ihrerseits Interesse an einer Teilnahme bestehen, sprechen Sie uns gerne an!

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